Männer BBE
Seit dem Jahr 2014 gibt es die Männer BBE, mit der die Männerberatung Wien und das AMS Wien insofern Neuland betraten, als es sich erstmals um eine Beratungs- und Betreuungseinrichtung handelte, die speziell Männer* anspricht und männerspezifischen Grundsätzen der sozialen Arbeit folgt. Im Jahr 2023 haben 183 Männeran der Männer BBE teilgenommen. Es handelt sich um Männer*, die von diversen Problemlagen betroffen sind, die einer Arbeitsaufnahme entgegenstehen bzw. eine Vermittlung erschweren.
Die Männer BBE richtet sich an Männer*, die mit sich und der Umwelt in Kontakt sein möchten – auch wenn es manchmal schwer fällt und schwierig ist – und damit Veränderungen im Leben wieder mit Neugier und neuer Kraft entgegen sehen.
Die Situation einer vertrauensvollen Atmosphäre und eines wertschätzenden Umgangs miteinander motiviert sie, über erlebte Enttäuschungen, Ängste und Krisen zu sprechen und in den Gruppen die Erfahrung zu machen, dass dies auch andere Menschen interessiert.
Für viele der zugebuchten Männer* stellt die Rückkehr in den Arbeitsmarkt eine Bedrohung und Überforderung dar, auch wenn für fast alle die Wiedererlangung eines Arbeitsplatzes ein wichtiges Ziel ist. Die Gespräche innerhalb der Gruppe unterstützen die Teilnehmer, notwendige Schritte zu erkennen und einzuleiten. Die punktuelle Vermittlung zu weiterführenden Maßnahmen, die sich im Zuge einer solchen Klärungsphase für den Betreffenden als sinnvoll herausstellen, ist Teil der Arbeit. Die Erreichung dieses Ziels hängt auch maßgeblich davon ab, ob geeignete anschlussfähige Angebote hinsichtlich einer möglichen Qualifizierung und/oder Arbeitsaufnahme vorhanden sind. In diesem Punkt ist der Zusammenarbeit mit dem AMS und ihren Partner*innen eine zentrale Bedeutung einzuräumen.
Ein wichtiger Aspekt ist die Freiwilligkeit des Angebots. Dadurch können Eigenverantwortung und das Erleben von Selbstwirksamkeit ohne den Filter des Widerstandes wesentlich leichter wahrgenommen werden. Die Grundhaltungen der Beratungsteams, eine unbedingte Annahme des Ratsuchenden und ein respektvoller Umgang auf Augenhöhe, haben sich hierbei als sehr hilfreich im Kontakt mit den Männern* erwiesen.
Die Zubuchungen erweisen sich als auch im Jahr 2023 konstant auf hohem Niveau. Die Nachfrage nach einem Platz in der Männer BBE ist nach wie vor sehr groß. Ein extra angefertigte Infoblatt erweist sich als äußerst hilfreich und wird gerne angenommen.
Nach wie vor zeigt sich, dass dieses männerspezifische Angebot für Männer unterschiedlicher Herkunft und Altersstufen interessant ist. Die heterogenen Zusammensetzungen der Gruppen wirken befruchtend auf den gruppendynamischen Prozess. Diese Tatsache ist insofern erwähnenswert, weil Männer zumeist für Beratung und psychosozialer Betreuung schwer erreichbar sind. Nicht zu unterschätzen ist allerdings auch die Tatsache, dass dieses männerspezifische Angebot das bislang einzige dieser Art im Bereich des AMS bleibt und auch sonst Angebote, die sich speziell an Männer richten, kaum (abgesehen von und dem Gesundheitszentrum MEN) existieren.
Ebenso erwähnenswert ist die Tatsache, dass die Zahl der Selbstmelder nach wie vor ein Faktor für den Zugang zum Angebot des Projekts ist. Es sind dies Männer, die über unsere Folder bzw. die Webseite auf die Männer BBE stoßen, aber auch solche, die sich über den Journaldienst der Männerberatung nach dem Angebot erkundigen oder auch von Bekannten davon gehört haben. Im Jahr 2023 war auch die Zuweisung von vernetzenden Stellen ein zentraler Punkt, der den Einstieg in die Männer BBE, insbesondere für die jüngeren Klienten, begünstigt hat. Insgesamt ist auch die Anzahl jener Männer, die nach der Teilnahme an einer weiteren Gruppe teilnehmen möchten, konstant geblieben. Sie haben in den Gruppen Vertrauen und Offenheit erlebt, die sie dabei unterstützt hat, oft erstmals über persönliche Anliegen, Probleme und Gefühle zu sprechen. Die gemachten Erfahrungen haben sie weitergebracht und sie möchten diese Art der Hilfe, die sie als sinnvoll erleben, erneut in Anspruch nehmen.
Die Grundhaltungen, die Lebenssituationen der Männer gesamtheitlich, alltags- und lebenswelt-orientiert und männerkritisch in den Blick zu nehmen, tragen maßgeblich zum Erfolg des Projekts bei. Das Konzept und ihre Umsetzung können dort ihre Stärken entfalten, wo sich die einzelnen Männer wertgeschätzt und akzeptiert fühlen, weil dann sehr individuelle Probleme und auch Ressourcen sichtbar werden. Die soziotherapeutische Gruppe trägt maßgeblich dazu bei, neue Sichtweisen in das eigene Weltbild einfließen zu lassen, die Gruppe bietet einen Reflexionsraum, der in dieser Art für den Großteil der Teilnehmer erstmalig stattfindet. Die Wirkfaktoren der Gruppenarbeit werden von den Teilnehmern erlebt und sie nehmen sie als einen Schutzraum wahr, in welchem sie über sich reden können und solche Themen, die ihr Leben belasten und auch einer möglichen Arbeitsaufnahme entgegenstehen, bearbeiten können. Diversity als fachliches und didaktisches Konzept wird als großes Potential erachtet und umgesetzt. Die Sinnhaftigkeit dieses Ansatzes und die Erweiterung der Diversität im Hinblick auf die Kategorien Alter und Bildungsabschlüsse sind im Bericht beschrieben. Dahingehende Überlegungen, die Diversität in den Gruppen weiter zu fördern, sind angesprochen worden.
Die innovative, flexible und bedarfsorientierte Arbeitsweise ermöglicht es, auf den aktuellen Bedarf zu antworten. Die intern entwickelte Kommunikationsstruktur unterstützt diesen Prozess auf hohem Niveau.
Im Projektjahr 2023 blieb zudem der Fokus auf junge Männer und deren spezifische Lebens- wie Bedürfnislagen in gegenständliches BBE erfolgreich integriert. Dadurch erhöhte sich, nicht zuletzt wegen der unterschiedlichen Arbeitsansätzen bei jungen Erwachsenen und älteren Teilnehmern, der Bedarf nach und unser Angebot von Einzelgesprächen, weil diese eine wesentlich intensivere Einzelbetreuung erfordern. Hier wird deutlich, dass die Teilnahme am Programm zu einer Beschäftigung mit sich selbst und mit einer zunehmenden Öffnung für die persönlichen Anliegen und Ziele einhergeht, die nach einer längerfristigen Begleitung und Unterstützung verlangen, die zum Teil auch in eine Nachbetreuungsphase nach Dienstantritt mündete, um Nachhaltigkeit zu schaffen. Auf diesen Bedarf wurde 2023 mit einer bedarfsorientierten Ausdehnung der Einzelgespräche reagiert.
Die Konzeption des spezifischen Endberichts in der Ich-Perspektive der Teilnehmer stellt einen nicht zu unterschätzenden Teil des aktivierenden Gesamtkonzepts dar. Die Stärkung auf der indivi-duellen Ebene begrüßt die Veränderung der Aushändigung des Berichts an den einzelnen Teilnehmer.
Zusätzliche Angebote
Das Angebot des „BBE Cafés” wird in steigendem Maße angenommen und etabliert sich als Ort der Begegnung, der außerhalb der sozialtherapeutischen Gruppen angelegt ist. Dieses Angebot lädt alle Männer, die an den wöchentlich stattfindenden Gruppensitzungen teilnehmen zusätzlich einmal in der Woche gruppenübergreifend zu einem 1,5-stündigen offenen und sehr niederschwelligen Zusammenkommen ein. In einem von der Straße aus zugänglichen, gemütlichen Raum wird ein regelmäßiges Treffen angeboten, das neue Kontakte eröffnet.
Die bisherigen Erfahrungen mit diesem Angebot zeigen, dass das Erleben von Zugehörigkeit zu einer als wertvoll erlebten Gemeinschaft für viele Teilnehmer ein zentrales Bedürfnis darstellt. Ein beträchtlicher Teil der Männer leidet an sozialer Vereinsamung und findet keine adäquaten Möglichkeiten (mehr) vor, über sich zu sprechen und sich mit anderen auszutauschen. Gerade bei jenen, die seit vielen Jahren ohne Erwerbsarbeit sind, sind soziale Kontakte brüchig geworden, und das Schamgefühl führt nicht selten dazu, dass die Erwerbslosigkeit vor anderen unerwähnt bleibt, zudem oft bestehende Beziehungen einer großen Belastung unterzogen werden. Für jene Teilnehmer, die mehr als einmal pro Woche soziale Kontakte wünschen, haben wir dieses Angebot geschaffen, das wir seit Jahren erfolgreich führen.
Ein weiteres Angebot zielt auf die Ermöglichung bzw. Erweiterung von Partizipationsmöglichkeiten für eine Zielgruppe, deren Mitglieder wenig bis keinen Zugang zu kulturellen und künstlerischen Bereichen haben. Daher wurde die Möglichkeit geschaffen, direkt in der BBE den Kul-turpass zu erhalten. Auch wurde in Zusammenarbeit mit Kultureinrichtungen gruppenübergreifend Veranstaltungen organisiert, so konnten wir den interessierten Teilnehmern z.B. Vorstellungen in Theatern kostenlos anbieten, was auch sehr gerne angenommen wurde und für viele Männer, die sich den Eintritt kaum leisten könnten, ein Schritt in Richtung Gesellschaft bedeutet.
Als eine weitere soziokulturelle Aktivität wurde Interessierten angeboten, ihnen die Wild- und Nutzpflanzen im Prater näherzubringen.
Da die Zusammensetzung gruppenübergreifend ist, bietet diese Aktivität nicht nur einen neuen Blick auf Orte und Pflanzen an, sondern ermöglicht auch das Kennenlernen anderer Teilnehmer. Dies ist ein nicht zu unterschätzender Faktor, da für viele soziale Kontakte im Zuge längerer Erwerbslosigkeit rar geworden sind.
Das BBE Café, die kulturellen Angebote und Natur-Exkursionen sind ein bedeutender Faktor zum Gelingen des Projekts. Sie stellen für jene, die in die soziale Isolation und Exklusion abzugleiten drohen, eine wichtige Ressource dar. Jene Angebote, die im Laufe der Arbeit neu ins Konzept aufgenommen werden, sind Teil und Er-gebnis jenes offenen Zugangs, der den Anspruch hat, noch stärker (alltagsorientierter) auf den aktuellen Bedarf einzugehen, der sich mit zunehmender Kenntnis der Lebenslagen der teilnehmenden Männer herauskristallisiert. Dem gegenüber steht eine entwickelte Teamkultur, die es schafft, diese belasteten Männer höchst professionell zu begleiten und dabei auf die persönliche Belastung Rücksicht nimmt.
Vernetzung
Vernetzungsarbeit hat eine große Bedeutung und findet verstärkt auf einer individuellen Interaktion zwischen Projektmitarbeiter*innen und Berater*innen statt.
Die kontinuierliche Arbeit an guten Vernetzungskontakten mit den relevanten Partner*innen wurde weiterhin mit großer Wertschätzung betrieben. Besonders hinzuweisen ist auf die gute Kooperationsbasis mit der Projektverantwortlichen im AMS Susanne Rigam.