Anti-Gewalt-Therapie (Jugendliche und junge Erwachsene)
Die Anti-Gewalt-Therapie für Jugendliche (AGTJ) ist ein forensisch-psychotherapeutisches Programm der Männerberatung Wien und richtet sich an Jugendliche und junge Erwachsene bis zum 21. Lebensjahr, die
- aufgrund einer gerichtlichen Weisung (bedingte Verurteilung, bedingte Entlassung, Diversion)
- in Folge einer Vereinbarung mit den zuständigen Ämtern für Jugend und Familie zugewiesen werden,
- oder aus Eigenmotivation teilnehmen möchten.
Basierend auf den Erfahrungen der männerspezifischen Arbeit des Vereins Männerberatung wurde ein Einzel- und Gruppenbehandlungsprogramm entwickelt, mit dem Ziel, Jugendliche zur Übernahme ihrer Verantwortung zu bringen und ihnen die Ursachen und Folgen ihrer Taten bewusst zu machen. Das Programm basiert auf der Erkenntnis, dass Gewalthandlungen im Jugendalter als willentliche Handlungen zu definieren sind, in denen die Jugendlichen zwar (meist) wissen was sie tun, aber selten, warum sie so handeln und inwiefern Gewalthandeln mit ihrer Persönlichkeit, mit Haltungen und Ängsten, dem kulturellen Hintergrund und ihrer Lebensgeschichte im Zusammenhang steht. Das bedeutet für die therapeutische Arbeit neben Konfrontation (Bearbeitung der Delikte, Arbeit an Unrechtsbewusstsein und Verantwortungsübernahme) einen Rahmen zur Verfügung zu stellen, in dem die Jugendlichen die Möglichkeit haben, ihre Haltungen und ihr Verhalten zu reflektieren und sich deren Bedingungen und Bedeutungen anzunähern. Forschungen und praktische Erfahrungen zeigen, dass vor allem im Jugendalter Werthaltungen, die auf Vorstellungen von hegemonialer Männlichkeit, Gewalt und Macht basieren, leichter hinterfragt und verändert werden können, da ihre Internalisierung noch nicht zu rigiden und starren Rollenmustern geführt hat.
METHODISCHES KONZEPT
Das methodische Instrumentarium des Programms umfasst Gruppen- und Einzelarbeit basierend auf psychotherapeutischen und psychodynamischen Methoden (Psychodrama, Transaktionsanalyse, konzentrative Bewegungstherapie und Gruppendynamik).
Die Einzelarbeit findet mit erfahrenen Psychotherapeuten statt, deren Arbeitskontext eine geschlechtsspezifische und reflektierende Ausrichtung ist. Die Dauer der Einzelarbeit beträgt, wie auch die Gruppenarbeit, zwei Jahre. Durch die Langfristigkeit der Behandlung soll die Nachhaltigkeit der erreichten Therapieziele gewährleistet werden.
Die Gruppenarbeit stellt die Potentiale der Gruppe für eine zweijährige Persönlichkeitsentwicklung in den Mittelpunkt. Die Länge und die erforderliche wöchentliche Teilnahme an der Gruppe stellen für die Teilnehmer eine hohe Anforderung dar. Die Gruppengröße von maximal neun Teilnehmern bietet den Jugendlichen den notwendigen Erfahrungsraum, in dem Begegnungen stattfinden und Beziehungen aufgenommen werden. Nur in diesem Rahmen ist es möglich ein profundes Bild von jedem Einzelnen zu gewinnen sowie individuelle Veränderungen zu begleiten. Die Auseinandersetzung mit der eigenen Persönlichkeit und das Entwickeln alternativer Handlungsoptionen ermöglicht den Jugendlichen das Erlernen neuer Verhaltensweisen im Spannungsfeld zwischen Wunsch und Frustration, zwischen Ängsten und Rollenanforderungen. Mit dem Ziel, dass Männlichkeit und Gewalt nicht länger zusammengedacht werden müssen.